Kinky Talk: Zwischen Verantwortung, Neugier und echten Freiräumen – My Playrooms im Gespräch mit SM Only

In diesem Interview tauschen sich Lena, Social Media Managerin von My Playrooms, und Dennis von SM Only über die Themen BDSM, Szene-Zusammenhalt und die Bedeutung sicherer, diskreter Räumlichkeiten aus. Lena stellt das Konzept von My Playrooms vor – eine Buchungsplattform für BDSM- und Fetischräumlichkeiten – und Dennis berichtet von seinen vielfältigen Aktivitäten als Unternehmer und Autor in der BDSM-Szene. Gemeinsam beleuchten sie typische Vorurteile, räumen mit gängigen Klischees auf und sprechen darüber, wie wichtig es ist, dass sowohl Anfänger*innen als auch erfahrene BDSM-Interessierte geeignete Orte finden, um ihre Neigungen ohne Scheu auszuleben. Außerdem geht es um Dennis’ Erfahrungen auf Messen, das Schreiben seiner BDSM-Ratgeber, seine Podcasts und Videoproduktionen sowie die Chancen und Herausforderungen, die sich aus seiner Arbeit ergeben.

Lena (My Playrooms): Super, dass es heute geklappt hat! Ich würde sagen, wir fangen direkt an. Ich stelle mich kurz vor: Ich arbeite für My Playrooms, eine Buchungswebseite für BDSM- und Fetischräumlichkeiten. Wir wollen dafür sorgen, dass mehr Transparenz und Sichtbarkeit für Neulinge und Interessierte entsteht, und interviewen ein paar bekannte Gesichter aus der Szene. Da bist du natürlich sehr bekannt. Magst du dich einmal kurz vorstellen?

Dennis (SM Only): Klar, sehr gern. Ich bin Dennis Riegel. Mein Hauptunternehmen ist SM Only – das sieht man auch auf dem Banner hinter mir – und zusätzlich betreibe ich noch Only Shoes. Außerdem mache ich Videoproduktionen, habe einen Podcast, zwei Bücher geschrieben, gebe Workshops und bin überall unterwegs, wo sich die BDSM- und Erotikszene so tummelt.


Dennis’ Bücher und die Reaktionen darauf

Lena: Sehr interessant. Du hast zwei Bücher geschrieben. Wie heißen die, worum geht es da?

Dennis: Meine Bücher heißen BDSM-Leitfaden für Frauen und BDSM-Leitfaden für Paare. Das Feedback ist, wie in der Szene oft, geteilt. Viele Anfänger fanden sie sehr hilfreich, weil sie darin Orientierung und Inspiration bekommen. Aber es gibt natürlich auch Kritik von sogenannten „Super-Doms“, die behaupten, nur ihre eigene BDSM-Spielart sei die einzig Wahre. Manche unterstellen mir sogar, ich wolle auf den „Fifty Shades of Grey“-Hype aufspringen – was beim Preis von 1,99 € als E-Book oder 5 € als Print schon etwas absurd ist. Für mich waren die Bücher in erster Linie als Einstiegshilfe für BDSM-Neulinge gedacht. Ein wichtiger Punkt: Es gibt keine Betriebsanleitung für BDSM, weil jeder Mensch seine eigene Neigung entwickelt und auslebt. Das versuche ich in den Büchern deutlich zu machen. Ich gebe keine starren Spielanleitungen vor, sondern will eher zu einer individuellen Entdeckung ermutigen. Sein eigenes BDSM zu finden, das ist das Entscheidende.

Lena: Ja, das sehe ich genauso. Wenn man versucht, alles nach irgendeinem Drehbuch zu machen, kann das schnell beklemmend wirken. Wenn man sich hingegen offen inspirieren lässt und schaut, wohin es einen führt, dann kann das sehr befreien. Dein Ansatz, keine festgelegten Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu geben, klingt logisch.

Dennis: Genau. Und man erlebt in manchen Teilen der Szene leider das Gefühl, als gäbe es eine große BDSM-Bibel, in der angeblich alles festgeschrieben steht: „Da muss man knien, dort hat man jetzt den Rohrstock zu nehmen etc.“. Manchmal haben Menschen aber körperliche Einschränkungen und können zum Beispiel gar nicht so knien. Warum also starr an solchen Vorschriften festhalten? Jede*r muss das finden, was für die eigene Sexualität passt, statt sich an der Fantasie anderer abzuarbeiten.


Einstieg in die Szene und Vorurteile

Lena: Ich finde das sehr hilfreich und kenne auch diese Szene-Vorurteile. Zum Beispiel wird behauptet, man könne nicht mit jüngeren Menschen BDSM ausleben, sondern bräuchte unbedingt einen 20 Jahre älteren, erfahrenen Dom. Dabei habt ihr Älteren doch auch irgendwann angefangen – ihr seid ja nicht als 50-jährige Doms auf die Welt gekommen!

Dennis: Da sprichst du ein wichtiges Thema an. Als ich mit 18 oder 19 in die Szene kam, hieß es von den meisten Frauen, sie suchten nur „reif und erfahren“. Da kam man als junger Dom kaum zum Zug. Inzwischen bin ich selbst etwas über 40, und heute gibt es wieder andere Probleme: Viele Frauen in meinem Alter haben bereits ein gefestigtes Leben mit Familie oder Verpflichtungen. Für ein 24/7-Konzept oder für intensivere Spielbeziehungen ist dann oft einfach kein Platz. Zusätzlich sehe ich eine andere Entwicklung: Junge Frauen, die vielleicht Interesse hätten, werden von „älteren“ Leuten manchmal nicht ernst genommen – als „zu grün hinter den Ohren“ abgekanzelt. Das ist schade, weil BDSM ja oft bedeutet, offen für Neues zu sein. Ich finde, man sollte Leute nicht bevormunden. Jeder hat das Recht, herauszufinden, was ihm oder ihr gefällt.

Lena: Das sehe ich auch so. Oft muss man viel Verantwortung übernehmen und sich selbst gut kennen. Dir ist das Thema Verantwortung ja sehr wichtig.

Dennis: Ja, unbedingt. Als Dom gehört Verantwortung immer dazu. Man sollte ansprechbar sein, für den devoten Part da sein, auch emotional auffangen, wenn Zweifel aufkommen. Gerade nach einer Session kann jemand in ein psychisches Loch fallen. Wer BDSM verantwortungsvoll praktiziert, muss dann Unterstützung geben – und zwar nicht nur per Handy, sondern auch mal wirklich da sein, in den Arm nehmen, beruhigen.


Dennis’ Bücher aus Sicht einer Leserin

Lena: Apropos Unterstützung: Ich habe deinen BDSM-Leitfaden für Frauen gelesen. Für mich als Anfängerin war das sehr hilfreich, besonders die Stelle, wie man überhaupt eine Session beginnen kann, wenn man zum Beispiel noch ganz normal auf dem Sofa sitzt und Netflix schaut. Du gibst da echt hilfreiche Inspirationen. Das ist ideal für die Zielgruppe, die du ansprechen wolltest.

Dennis: Danke dir, das freut mich. Genau darauf war es ausgelegt, eben nicht nur Theorie zu liefern, sondern auch leichte Einstiege zu zeigen, bei denen man sich frei entfalten kann. Die eigene Sexualität zu erforschen, sollte man nicht von Klischees oder Scham bremsen lassen.


Sexualität und Gesellschaft

Lena: Wir hatten neulich erst ein Gespräch darüber, wie unterschiedlich Männer und Frauen in unserer Gesellschaft bewertet werden: Wenn eine Frau mehrere Sexualpartner hatte, heißt es schnell „__“; bei Männern dagegen: „Krass, du Held.“ Das hindert viele Frauen daran, sich in ihrer Sexualität freier auszuleben.

Dennis: Stimmt. Dabei können Frauen rein anatomisch gesehen oft mehr Lust empfinden, auch mehrfach hintereinander. Viele haben nie gelernt, sich selbst zu erforschen, und erreichen vielleicht ihren ersten Orgasmus erst mit Ende 30 oder 40 – nach zwei Kindern. Das ist eigentlich schockierend und zeigt, was Gesellschaft und Erziehung alles unterdrücken können.


Dennis’ Podcast und dessen Entstehung

Lena: Du hast auch einen Podcast, oder? Den finde ich persönlich sehr spannend. Wie bist du darauf gekommen und wie viele Folgen gibt es mittlerweile?

Dennis: Der Podcast heißt SM only - Klärt auf (oder kurz: SM only). Es müsste jetzt etwa die 34. oder 35. Folge sein. Entstanden ist das Ganze in der Corona-Zeit aus Langeweile. Ich mache das bewusst ohne großen Produktionsaufwand, eher im Amateurstil. Es ist so eine Art „Hörbuch zum Thema BDSM“, mal als Selbstgespräch, mal als Interview. Ich sehe es als zusätzlichen Benefit für Leute, die sich informieren wollen.


Dennis auf Messen und Festivals

Lena: Kommen wir zu deinen Messen. Was verkaufst du da genau?

Dennis: Ich mache seit 2011 Erotikkauf auf Messen, anfangs mit importierter Ware, später vor allem Eigenproduktionen im BDSM-Segment. Mittlerweile biete ich zudem einen großen Schuhvertrieb an, den „Only Shoes Store“. Neben High Heels (teils bis Größe 48!) habe ich auch alles im BDSM-Bereich: von Floggern über Paddles bis zu verschiedensten Peitschen. Ich bin auch auf großen Festivals wie Wacken oder M’era Luna unterwegs. Das ist enorm aufwendig, was Logistik und Aufbau angeht. Manchmal ist das Wetter schlecht oder es kommen weniger Besucher als erwartet – dann bleibt man auf hohen Kosten sitzen. Aber ich liebe den direkten Kontakt mit den Kunden.

Lena: Ja, das stelle ich mir schwierig vor, gerade die langen Distanzen zwischen verschiedenen Veranstaltungen. Und dann kommen unvorhergesehene Dinge wie schlechtes Wetter dazu. Aber man merkt, du bist mit Leidenschaft dabei.


Vertrieb und Beratung

Lena: Im Internet bestelle ich persönlich keine BDSM-Artikels mehr, weil man oft enttäuscht ist. Auf Messen kann man Sachen anfassen, direkt ausprobieren und sich beraten lassen.

Dennis: Absolut, das ist mir auch wichtig. Bei mir am Stand kann man sich die Dinge erklären und zeigen lassen. Es gibt kein generelles „Richtig“ oder „Falsch“, aber man sollte wissen, wie man zum Beispiel eine Peitsche richtig hält oder einschätzt, ob sie schneidend, brennend oder dumpf-pochend wirkt. Jede*r tickt da anders, daher ist das Ausprobieren wertvoll. Schmerz wird ja auch unterschiedlich wahrgenommen, und manche Peitschen oder Flogger sind gar nicht so schmerzhaft, wie sie aussehen. Andere sind viel intensiver, als man erwartet.


Filmproduktionen und Räume buchen

Lena: Du erwähnst auch Videoproduktionen. Hast du dafür eigene Räumlichkeiten oder buchst du?

Dennis: Da ich viel mit Amateur-Darstellerinnen arbeite, miete ich meistens externe Räume. Ein normales Hotelzimmer kann schwierig sein, sobald es lauter wird – wenn man geknebelt schreit, ruft die Rezeption womöglich an. Daher buche ich lieber gleich einen richtigen Playroom. Das ist oft sogar kostengünstiger, hat das Equipment vor Ort und niemand stört sich an BDSM-Spielarten.

Lena: Damit sind wir beim Thema My Playrooms. Wir bieten eben diese Plattform, auf der man ganz entspannt BDSM- und Fetischräumlichkeiten finden und buchen kann. Wie war es früher für dich, als es uns noch nicht gab?

Dennis: Ich musste mühsam googeln, „Playroom NRW“ oder „SM-Apartment Berlin“ etc. Das dauert ewig, man kennt die Verfügbarkeit nicht, muss anfragen … Mit My Playrooms ist alles in einem Portal. Ich kann direkt Preise und Bilder vergleichen und vor allem: Ich weiß, dass ihr die Räume kennt und seriös listet. Das macht vieles einfacher.


Von unliebsamen Erfahrungen mit Räumen und der Qualitätssicherung

Lena: Hast du schon mal negative Erfahrungen mit Räumen gemacht?

Dennis: Ja, wie im Hotelbereich auch. Man sieht tolle Fotos, kommt hin und denkt: „Oh Gott, hier liegen noch Haare in der Dusche.“ Oder die Ausstattung ist nicht so wie beschrieben. Eine dreckige Matratze, kaum Spielmöglichkeiten. Leider kommt das vor, weil man viel schön fotografieren kann, das in der Realität dann enttäuscht.

Lena: Genau deshalb legen wir bei My Playrooms Wert darauf, dass wir mit vielen Gastgebern persönlich im Austausch stehen. Manchmal nehmen wir die Räume auch vor Ort in Augenschein, führen Qualitätschecks durch und sorgen dafür, dass die Interessenten im Portal sofort sehen können, was wirklich geboten wird.


Stunden- und Tagesbuchungen – und der Service von My Playrooms

Dennis: Bei euch können Raumvermieter sogar stundenweise Buchungen anbieten, was andere Plattformen oft nicht abdecken. Das ist für BDSM sehr praktisch.

Lena: Ja, genau. Wir sind flexibel. Ob zwei Stunden oder eine ganze Nacht – das soll individuell wählbar sein. Und wir haben einen direkten Support für Gastgeber, wenn jemand zusätzliche Buchungsoptionen anlegen möchte oder Extras verkaufen will, programmieren wir das. Zudem werben wir für die Räume auf unseren Social-Media-Kanälen, damit potenzielle Nutzer sie finden. Dafür behalten wir eine Provision von nur 5%.

Dennis: 5% finde ich extrem fair, zumal man als Gastgeber keine monatlichen Fixkosten hat. Es ist ja kein Abo, sondern basiert auf Erfolg. Wenn Buchungen über My Playrooms reinkommen, profitiert man – und wenn nicht, zahlt man eben nichts. Zusätzlich habt ihr noch einen deutschen Ansprechpartner. Das ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal gegenüber großen Portalen, die Kunden nur an endlose Hotlines verweisen.


Diversität in den Räumen und BDSM-Praktiken

Dennis: Was ich auch genial finde: Man kann unterschiedlichste Zimmer in verschiedenen Stilen buchen. Manche suchen dieses Luxuriöse à la „Shades of Grey“, andere brauchen den düsteren Keller, um richtig abzutauchen. Jeder findet das Ambiente, das ihn anspricht, und das ist gerade für Einsteiger toll.

Lena: Genau, und man muss nicht mal Hardcore-BDSMler sein, um so eine Location zu nutzen. Auch Vanilla-Paare haben Spaß auf einer Sexschaukel, können etwas Neues ausprobieren. Oder wenn jemand jung ist und weder zu sich noch zum Partner kann, ist ein Playroom eine schöne Möglichkeit für ungestörtes Vergnügen. Gerade für Paare ist es oft ein Erlebnis, bewusst raus aus dem Alltag zu gehen.

Dennis: Ganz genau. Dasselbe Prinzip empfehle ich auch in meinen Büchern: Manchmal hilft ein Ortswechsel, um die Routine zu durchbrechen. Ein Griff ins Genick, wenn beide noch halb auf dem Sofa rumlümmeln, kann funktionieren, aber ein neues Ambiente steigert oft die Spannung.


Empfehlenswerte Messen

Lena: Bleiben wir kurz bei Messen. Hast du Messen, die du Leuten empfehlen würdest?

Dennis: Ja, die „Passion“ bzw. „Obscene“ sind sehr bekannte und große BDSM- und Fetischmessen. Sie bieten eine Fülle an Shows und Workshops. Wer es kleiner mag, kann zur „BoundCon“ oder zur „Professional“ (Profo) gehen, die eher gemütlich und überschaubar sind und wo man mehr Zeit für Gespräche findet. Wichtig ist für Besucher immer, sich nicht von all den Eindrücken erschlagen zu lassen – man sieht vieles, was man vielleicht nie ausprobieren will. Aber es ist eine tolle Inspirationsquelle.


Abschluss

Lena: Super, Dennis, das war ein wirklich spannendes Gespräch. Du bist ein sehr vielseitiger Mensch und bringst dich toll in der Szene ein. Vielen Dank für deine Zeit!

Dennis: Danke dir, hat mir auch Spaß gemacht. Wir hören uns auf jeden Fall wieder. Und für alle, die neugierig sind, schaut bei My Playrooms vorbei. Da findet ihr definitiv passende Räume – ob Anfänger oder Fortgeschrittene.

Lena: Perfekt. Dann bis bald!

Dennis: Bis dann, ciao!